Häufig wird uns die Frage gestellt, welche Bedeutung der Name unseres Büros habe. Wer oder was „Triops“ sei. Daher einige erläuternde Sätze:
Die Bezeichnung geht auf einen Krebs zurück. Dieser Krebs, Triops cancriformis, den die Biologen der Crustaceen-Gruppe der Rückenschaler / Notostraca zuordnen, findet sich auch im Logo von TRIOPS-Consult wieder.
Erstmals wurde ein Triops 1732 (BOSC 1801) durch Johann Leonhard Frisch in seiner „Beschreibung von allerley Insecten in Teuschtschland“ als „floßfüßiger See-Wurm mit Schild“ charakterisiert (FRISCH 1732) - eine durchaus exakte Beschreibung :-)
Im Gegensatz zu der wissenschaftlichen Bezeichnung – „Krebsförmiger Dreiäugiger“ - hat der Volksmund für die bis 11 cm großen Tiere den bildlich eher treffenden Namen „Rückenschaler“ oder "Kaulquappenkrebs" (engl.: „tadpole shrimps“) gefunden. Sein Körper wird durch einen großen rundlichen Rückenpanzer und den langen schlauchförmigen Hinterleib gegliedert, was ihm durchaus die plumpe Erscheinung einer dicken Froschlarve verleiht.
Doch damit sind auch schon die Gemeinsamkeiten zwischen Kaulquappe und Krebs erschöpft.
Der Panzer verdient nur auf den ersten Blick diese Bezeichnung. Er gleicht eher einem etwas derben, leicht gefalteten Pergamentpapier und besitzt die Konsistenz eines „weichen Knorpels“ (LOSCHGE 1783). Unter diesem sitzen die bis zu 70 filigran ausgebildeten Extremitätenpaare: breite, flache und zum Teil fein verästelte Beine, mit deren Hilfe das Tier schwimmt, Sauerstoff aufnimmt, Nahrung und Beute aufspürt und zerkleinert.
Wie eine Mischung von geharnischtem Ritter und tauchendem „UFO“ mag er wirken - als wolle er seine lange und erfolgreiche Wanderung durch die Evolution, aber auch den Wunsch und Anspruch auf eine Zukunft demonstrieren.
Triops cancriformis galt als älteste lebende Tierart, die bereits vor über 200 Millionen Jahren durch eine Unterart Triops cancriformis minor die Landschaft unseres blauen Planeten besiedelt haben soll (KELBER 1998 und 1999, TRUSHEIM 1938). Durch diese Annahme der unvorstellbar langen Existenz auf Erden sahen sich bereits Kreationisten in ihrer Verneinung der Evolution bestätigt (z.B. AIG 1994).
Aktuelle Nachprüfungen ergeben jedoch, dass aufgrund ihrer morphologischen Unterschiede eine direkte Verwandschaft auszuschließen ist (z.B. SPINDLER 2011). Trotzdem bleibt vorerst festzuhalten, dass Vorfahren von Triops cancriformis ohne große Veränderungen ihrer Körperorganisation in den Schichten des Trias nachgewiesen wurden - in einem Zeitalter, in dem die Kontinente noch nicht vollständig auseinander getriftet waren, als noch Mastodonsaurier Fischen nachjagten und die ersten Säugetiere ihre Loslösung vom reptilienähnlichen Ursprung probten.
Ihren Lebensraum finden die Tiere in periodisch auftretenden Gewässern - wie beispielsweise in Lachen, Pfützen, Flachgewässern und Tümpeln in den Auengebieten der großen Flüsse.
Mit starken Regen- oder Hochwasserereignissen, die solche kurzlebigen Wasseransammlungen entstehen lassen, können sie “ganz plötzlich” auftreten und verschwinden kurzfristig wieder mit deren Trockenfallen aus dem Landschaftsbild. Es ist nicht verwunderlich, wenn man bisweilen glaubte, dass die Tiere mit dem Regen aus den Wolken fallen würden und sie daher auch als „Himmelskrebse“ bezeichnete (siehe auch KOLLAR 1821).
„Im August des Jahres 1821 wurden in Wien von Marktweibern gar seltsam aussehende, 40 – 50 mm große Tiere zum Verkauf angeboten. Sie bewegten sich lebhaft im Wasser und sollten nach Angabe der Verkäuferinnen mit dem einige Zeit zuvor niedergegangenen, ungewöhnlich schweren Regen vom Himmel gefallen sein. Den meisten schien dies sehr glaubwürdig, denn die Tiere hatten eine gar absonderliche, nie gesehene Gestalt und fanden sich in ungeheuren Mengen in Pfützen und Regenlachen, an deren Stelle kaum zwei Wochen vorher staubige Straßengräben und mit dürrem Gras bedeckte Mulden zu sehen waren.“ (LAMPERT 1911)
Und da sie unter geeigneten Bedingungen auch durchaus in großen Mengen auftreten konnten, sprach man von einem „Krebsregen“ und warf sie als leicht zu beschaffendes Futter den Schweinen zur Mast zum Fraß vor.
Selbst in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts beschäftigten sich Autoren noch mit Massenentwicklungen von Triops cancriformis in Fischteichen, da sie durch sie Einbußen in der Karpfenproduktion befürchteten. Die in diesen periodischen Gewässern auftretenden Krebse erreichten Dichten von mindestens 266 Individuen pro Quadratmeter. Folglich stand theoretisch einem jedem Tier eine Fläche von 6 mal 6 cm zu Verfügung (BARTHELMES 1963, BOIX et al. 2002).
Derartige Ansammlungen waren jedoch nicht üblich. So begeisterte sich auch J.W. von Goethe, als er 1806 nach den großen Überschwemmungen bei Jena einen großen Rückenschaler zu Gesicht bekam. Er bot „einen Speziestaler für einen zweiten Kiemenfuß, für einen dritten einen Gulden und so bis auf sechs Pfennige herunter. Jetzt suchte die ganze Umwohnerschaft von Jena ihre Pfützen und Teiche ab für die verschwenderische Marotte des Herrn Geheimrats.“ Aber so plötzlich wie aufgetaucht war der Krebs auch wieder verschwunden, so dass Goethe kein weiteres Exemplar mehr erhielt und es unzweifelhaft erschien, dass das Tier vom Himmel gefallen war (BÖLSCHE 1906, LAMPERT 19911).
Auch Konrad Lorenz, der „Einstein der Tierseele“ (BRÜGGE 1988) und Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin (1973) ließ sich von Erscheinungsbild und Auftreten des Tieres soweit beeindrucken, dass er sogar in seiner Berufswahl maßgeblich durch den eigentümlichen Krebs beeinflusst wurde:
„Schon im Alter von sechs Jahren stand ich mit der philosophischen Verwunderung des Forschers vor einem Überschwemmungstümpel, in dem sich große Mengen von Blattfußkrebsen tummelten, unter ihnen der Apus (= Triops cancriformis / Anmerkung des Autors), der „vom Himmel gefallene vielfüßige Ohnfuß“. Das war im Jahre 1909. Die nächste Invasion dieser merkwürdigen Tiere fand nachweislich erst im Jahre 1936 statt, so lange können die Dauereier dieser Tierchen auf günstige Bedigungen warten! Dieses frühe Au-Erlebnis hat sicher bestimmend auf meine Berufswahl gewirkt: Die erste Tiergruppe, die ich schon als Gymnasiast systematisch untersuchte, waren jene Blattfußkrebschen und ihre nahen Verwandten.“ (WENDELBERGER 1976).
In Mitteleuropa treten 2 Spezies der Rückenschaler auf: Triops cancriformis und Lepidurus apus. Sie ähneln sich in ihrem Körperbau so sehr, dass sie auf den ersten Blick kaum auseinanderzuhalten sind - letztere besitzt eine kleine Schuppe zwischen den Schwanzfäden am letzten Körpersegment des Hinterleibs (Furca).
Doch die Arten bevorzugen unterschiedliche Wassertemperaturen: Während Lepidurus apus vor allem in den ersten Wochen des erwachenden Frühjahrs mit der Schneeschmelze auftritt, kann Triops cancriformis erst beobachtet werden, wenn die Temperaturen die 15°C-Marke überschritten haben.
Rückenschaler halten sich vorwiegend am Gewässergrund auf. Nur bei Sauerstoffmangel können sie bisweilen mit der Bauchseite dicht unter der Wasseroberfläche schwimmend beobachtet werden.
Wie ein schwebender Klopfsauger sucht und durchwühlt der Notostrake den Boden nach Nahrung. Dabei erweisen sich die Rückenschaler eher als Gourmands, denn sie scheinen verfressen und nicht sehr wählerisch zu sein. Verputzt wird alles, was organischen Ursprungs ist.
Im Experiment sollen sie sogar in kleineren Gruppen die bis zu 10 cm großen Kaulquappen des Messerfußes (Pelobates cultripes), einem Verwandten der Knoblauchkröte (Pelobates fuscipes), angegriffen und getötet haben (KNOEPFFLER 1978). Beim Fressen von Kreuzkröten-Larven wurde Triops sowohl im Experiment (PORTEHAULT et. al. 2007) als auch im Freiland beobachtet (MANTZKE 2011).
Ob solche Jagden tatsächlich stattfinden bzw. auch größere Larven einschließen, muss aufgrund der energischen Agilität der Amphibienlarven und des Unvermögens des Krebses, größere Beute zu fassen und festzuhalten, bezweifelt werden. Zumindest müssen solche Beutetiere klein oder stark geschwächt sein, um angefallen und getötet werden zu können. So werden sich die Rückenschaler normalerweise eher über (kleinere) Insektenlarven, Würmer, Aas usw. hermachen (z.B. MARGALEF 1949 und 1951, PONT & VAQUER 1986). Untersuchungen des Mageninhalts spanischer Triopse ergaben vor allem Detritus, Pflanzenfasern und kleine Krebse (Wasserflöhe, Ruderfuß- und Muschselkrebse) (BOIX et al. 2006). Auch am Grund bzw. im Sediment ruhende (Dauer-)Eier – egal ob von Amphibien, Krebsen oder die der eigenen Art (Kannibalismus) – werden geknackt (so die mit einem Schutzpanzer ausgestatteten Ephippium-Eier der Wasserflöhe) bzw. gefressen (WATERKEYN et al. 2011b).
Gute Überlebenschancen haben unter den Kleinkrebsen nur die großen (calanoiden) Ruderfußkrebse, die einfach schneller schwimmen bzw. fliehen können (BROWMAN et. al. 1989, WATERKEYN et al. 2011a).
Zur Deckung des eigenen Energiebedarfs nehmen die Krebse in 24 Stunden über 40 % ihres Körpergewichts an Nahrung zu sich. Im Experiment fraß ein ausgewachsener Triops bis zu 214 Wasserflöhe (Daphnien) oder bis zu 130 kleine Zuckmückenlarven (Chironomidae), was immerhin „35 % des Krebsfrischgewichtes“ ausmachte. Daher ist anzunehmen, dass Triops (auch) durch seinen Hunger zu einem wichtigen Faktor („keystone role“) in temporären Klein(!)gewässern werden kann, indem er die Populationen der Kleinkrebse stark dezimiert (WATERKEYN et al. 2011a).
In diesem Hunger sahen wenige Teichwirte Anlass zur Befürchtung, dass eigentlich nur „sehr versteckt lebende Nährtiere überleben können“ – wenn denn Triops tatsächlich keine andere Nahrungsquellen ausnutzen würde (BARTHELMES 1963). Außerhalb solcher Gourmet-Experimente erweist sich der Rückenschaler jedoch als anspruchsloser Allesfresser, der vieles von dem, was da an lebenden und toten Organischem unter ihn gerät, in sich hinein schaufelt. Diese Fähig- bzw. Notwendigkeit ergibt sich schon aus dem häufig eingeschränkten Nahrungsangebot der vom Rückenscahler besiedelten temporären Gewässer.
In dem bisweilen dichten Gedränge der Individuen trübt sich das Wasser der Lachen zu einer braun-grauen Suppe, wenn da hunderte von Tieren den Bodenschlamm auf der Suche nach Fressbaren durchwühlen und aufwirbeln. In solchen Situationen können bei der Suche nach Beute und Nahrung auch die ihrem Panzer aufsitzenden, prächtig entwickelten Augen nicht mehr helfen. Schlammblind tasten und schmecken sie statt dessen mit Hilfe der langen Anhänge ihrer ersten Extremitäten den trüben Untergrund nach Verwertbarem ab. Doch die durch ihre „Bioturbation“ aufgewirbelten Sedimente nimmt nicht nur ihnen selbst die Sicht, sondern würde sie auch vor dem Beutegriff von Vögeln (Camargue), die Triops-Bestände stark dezimieren können, etwas schützen (WATERKEYN et al. 2009).
Unter dem Eindruck einer solch erfolgreichen Existenz mag man sich fragen, wie oder wodurch diese Krebsgruppe angesichts der riesigen Zeitspanne und vielen prägenden Umweltveränderungen so erfolgreich sein konnte?
Wie so viele "Lebende Fossilien" haben sich die Rückenschaler als Aussteiger versucht, indem sie die Szene der zwischenartlichen Konkurrenzen um Nahrungsressourcen und Nischen verließen. Sie spezialisierten sich auf die Besiedlung fast unwirtlicher Mulden, in denen nur wenige Gegenspieler zu existieren vermögen und sicherten so ihren dauerhaften Fortbestand.
Doch bedurfte dieser Erfolg bzw. die Besiedlung solcher Extrembiotope besondere physiologische Spezialisierungen und Anpassungen.
Dazu gehört eine schnelle Entwicklung von der geschlüpften Larve bis zum geschlechtsreifen Tier:
Die bevorzugten Wasserlachen liegen häufig im Einzugsbereich der großen Ströme, in deren Auen sie sich mit dem Frühjahrshochwasser bilden und im Verlauf weniger Wochen wieder austrocknen können - eine nur kurze Zeitspanne, die von den Krebsen genutzt werden muss.
Wenn die Schneeschmelze den Wasserspiegel ansteigen lässt und umliegende Wiesen und Wälder überspült, ruhen die Eier noch im Schlamm. Steigt die Wassertemperatur in den flachen Gewässern an und erreicht Werte zwischen 15 und 30 Grad schlüpfen bereits nach 2 Tagen die unter 1 mm großen schwimmfähigen Larven, Nauplien genannt, um das Wettrennen gegen die Austrocknung aufzunehmen. Diese kleinen lebenden Hautsäcke verfügen über nur 3 Gliedmaßenpaare, durch deren Ruderbewegung das Blut zur Zirkulation angetrieben wird (bereits CLAUS 1873). Herz, Darm und Nervensystem sind in diesem Stadium erst als Anlage ausgebildet. Neben der „Unhehülflichkeit ihrer Bewegungen“ fällt vor allem der mit gelb-rötlichen Dottermaterial gefüllte Darmkanal sowie die Pigmentkörper des unpaaren (Nauplius-)Auge auf. Der Dotterinhalt des Darmkanals ist so reichlich vorhanden, dass er nicht nur für das erste, sondern zumindest auch für das zweite Stadium als Nahrungsquelle ausreicht (CLAUS 1873).
Bereits am ersten Tag beginnt die Larve sich in einer nur wenige Minuten dauernden Prozedur zu häuten, da die starre Körperhülle zu eng wird. Erst nach der dritten Häutung ist eine Herztätigkeit nachweisbar.
Der Entwicklungsspurt zum geschlechtsreifen Krebs führt in 3 bis 4 Wochen über 21 Stadien, in deren Verlauf die hohe Zahl an Extremitäten, der Panzer, Augen und die inneren Organe vollständig ausdifferenziert werden (z.B. MOELLER et al. 2003). Bei hohen Wassertemperaturen kann die Geschlechtsreife bereits nach 8 Tagen erreicht werden (GOTTWALD & HÖDL 1996). Doch das Wachstum stellt er erst nach der 40. Häutung, mit einer maximalen Körperlänge von 12 cm, endgültig ein.
Nach Erlangung der Geschlechtsreife beginnen die Tiere mit der Ablage der 300 bis 400 μm großen rot-braunen „Eier“, von denen sie bis zu 500 Stück im Gewässerschlamm vergraben (z.B. PONT & VAQUER 1986). Von diesen können einige wenige sich sofort bis zum Schlupf der Larven entwickeln, während der Großteil hierzu einer Trockenperiode bedürfen (BRENDONCK 1996, LONGHURST 1955, THIEL 1963).
Triops hat eine Lebenserwartung von etwa 120 Tagen (z.B. HUGHES 1997). Mit dem Rückgang des Wassers ihrer temporären Lebensräume beginnt jedoch das große Sterben. In den tiefsten Stellen der schrumpfenden Wasserlachen sammeln sich die Krebse und bald darauf konzentrieren sich hier die eingetrockneten Rückenpanzer und stachelbewehrten Schwanzringe der verendeten Rückenschaler.
Das Überdauern der nun einsetzenden Trockenphase wird ausschließlich durch die Produktion von sogenannten „Dauereiern“ erreicht. Es handelt sich dabei nicht um Eier im eigentlichen Sinne, sondern um deren in Zysten verkapselte Embryonen, die sich bis zum Gastrulastadium entwickelten (Gastrula: aus der ein-zellschichtigen hohlkugeligen Blastula entstehende zwei-zellschichtige "Becherkeim" mit Ekto- und Entoderm).
Diese Entwicklung setzt schon vor ihrer Ablage ein und setzt sich danach noch ca. 6 Tage fort, in denen sie das Wasser noch benötigen (KLEKOWSKI et al. 1968). Dann wechseln sie in einen Zustand ohne nachweisbaren Stoffwechsel. Die Lebensfunktionen werden vollständig unterbrochen (Diapause).
Zum Schutz der embryonalen Zellen wird eine Art hochviskoses biologisches Glas gebildet, das keinerlei Kristallisierung aufweist. Der Embryo wechselt in einen „glasartigen Zustand“ (Vitrifizierung) (HENGHERR et al. 2011) - er ist quasi „scheintot“ (CLEGG 1997).
Diese Zysten sind mit einer erstaunlichen Resistenz gegenüber Frost, Hitze, Trockenheit, verschiedene Salze und UV-Strahlung ausgestattet (BELMONTE, 1998, BRENDONCK 1996, FRYER 1996) und stehen selbst nach jahrzehntelangen Trockenphasen noch immer in den Startlöchern, um nach einem massiven Regenschauer oder Hochwasser lebensfähige Larven schlüpfen zu lassen. Die längste Dauer einer Trockenphase, nach der Triops-Eier im Freiland noch schlupffähig waren, betrug 27 Jahre (LAUTERBORN 1921).
Die hartschaligen, dickwandigen „Eier“ sind auch relativ unempfindlich gegenüber mechanischen Einwirkungen, so dass sie sich ebenso hervorragend als Transportcontainer zur Verbreitung und Besiedlung neuer Kleingewässer eignen. So befördert sie der Wind im trockenen Staub über's Land, Vögel tragen sie mit dem Schlamm an ihren Füßen und auch Landtiere transportieren die „extrem klebrigen“ Zysten in andere Regionen (z.B. CÀCERES & SOLUK 2002, FIGUEROLA & GREEN 2002, FIGUEROLA et al. 2003, GREEN & FIGUEROLA 2005; GREEN et al. 2005). Selbst wenn sie mit der Beute von Fröschen und Vögeln verschlungen werden, passieren sie unbeschadet Magen und Darm der Räuber und erblicken mit deren Kot wieder das Licht der Welt und können folglich auch durch diese Tieren verbreitet werden (z.B. LÖFFLER 1964, PROCTER 1964 ). Inwieweit diese Potentiale jedoch tatsächlich eine bedeutende Rolle in der Verbreitung der Art spielen, ist nicht unmittelbar geklärt und wird vielleicht auch überbewertet (BOHONAK & JENKINS 2003).
Sollten die „Eier“ nach vielleicht jahrelanger Odysee auf eine Wasseransammlung treffen bzw. füllt sich die ausgetrocknete Senke wieder mit Wasser, reagiert ihr Bestand eher “vorsichtig” auf die neue Situation. Nur ein Teil – wenn auch der größte – setzt sofort mit der Entwicklung zur Larve ein, andere verzögern diese um mehrere Tage oder bleiben als „stille Reserve“ im Boden, um erst nach mehrfacher Wässerung zu schlüpfen (BRAUER 1872, BRENDONCK 1996, THIERY 1997).
Diese Schlupfstrategie erscheint biologisch recht sinnvoll. Denn sollte sich der neubesiedelte Lebensraum als nur eine kleine Wasserpfütze erweisen, die wenige Tage nach "Ankunft" der "Eier" bereits austrocknet, wird so nicht der gesamte Bestand der „Eier“ vernichtet.
Durch welche Umweltbedingungen (z.B. Temperatur, Licht, pH-Wert, osmotische Druck) sowohl der Schlupf als auch diese Verzögerungen ausgelöst werden, ist - wie der allgemeine Mechanismus der Diapause - nicht umfassend geklärt (z.B. BRENDONCK 1996). Bedeutende Faktoren sind jedoch sicherlich die Gewässertemperatur (15 bis 30 Grad), der osmotische Druck sowie einstrahlendes UV-Licht (z.B. HEMPEL-ZAWITKOWSKA 1970, LONGHURST 1955).
So weisen die Wände der Zysten mehrlagige Wände aus kleinen untereinander verbundenen Kammern auf, die nach ihrer Ablage mit Flüssigkeit gefüllt sind und die Zyste am Gewässergrund halten. Mit der Austrocknung des Gewässers wird diese Flüssigkeit durch Luft ersetzt. Wenn sich die Lache nun wieder mit Wasser füllen sollte, werden die Zysten, wenn sie nicht zu tief im Schlamm eingegraben wurden, dadurch auf der Wasseroberfläche treiben und dem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Darin wird ein wichtiger Auslöser für den Nauplien-Schlupf gesehen (FLÖßNER 1972, WIGGINS et al. 1980, ZIEROLD 2006; Conchostraca: FRANK 1986, ZIEROLD 2002).
Im Fortbestand der Rückenschaler spielen nicht nur die hohen Resistenzen der „Eier“ sondern auch die Art der Fortpflanzung eine besonder Rolle:
Während die spanischen Populationen zweigeschlechtlich sind (Anmerkung des Autors: eventuell handelt es sich hier jedoch um die Spezies Triops mauritanicus), treten im übrigen Europa keine oder nur wenige Männchen auf. Der prozentuale Populationsanteil der Männchen soll zwischen 0 % in Italien, 6 % in Österreich und bis zu 50 % in Frankreich liegen (z.B. ENGELMANN & HAHN 2004, SCANABISSI et al. 2005, PESTA 1942). Interessanter ist jedoch, dass im zentralen und östlichen Europa neben den seltenen Männchen keine Weibchen, sondern ausschließlich Hermaphroditen (Zwitter) auftreten (Androdiözie) (ZIEROLD et al. 2007).
Solche Populationen bringen ihre Eier vor allem durch Jungfernzeugung (ameiotische Parthenogenese) und Selbsbefruchtung („selfing hermaphroditism“) hervor (ENGELMANN 1996, ZIEROLD et al. 2009).
Durch diese Fortpflanzungsstrategie wird die Besiedlung neuer Gewässer erheblich vereinfacht, denn sie kann durch nur ein „Ei“ bzw. eine Zyste gelingen.
Die weite Verbreitung der Art kann aufgrund des spezialisierten Charakters von Fortpflanzung und Zyste nicht überraschen. Sie reicht von Europa und dem westlichen Russland über den Mittleren Osten bis nach Nord-Indien und Japan. In Europa tritt T. cancriformis gegenwärtig vor allem in den Auen der großen Flüsse wie Elbe, Rhein, Donau, Dnepr oder Wolga sowie in Reisfeldern und isolierten Regenlachen auf. (AKITA 1976, BRTEK & A. THIÉRY 1995, LONGHURST 1955, MAIER 1998, SUNO-UCHI et al. 1997, UNRUH et al. 2009, ZAFFAGNINI & TRENTINI 1980, ZIEROLD 2006)
Führt man sich die wesentlichen Adaptationen vor Augen, die den Rückenschalern das Überleben über viele Jahrmillionen ermöglichte (kurze Entwicklungszeit, Dauereier, Parthenogenese), dann müssen die düsteren Zukunftsaussichten dieses "lebenden UFOs" doch zumindest verwundern. Denn Triops cancriformis gehört – wie auch seine Schwesternspezies Lepidurus apus – zu den „stark gefährdeten“ Arten (Rote Liste Deutschland: Gefährdungskategorie 2). Da nutzt auch ein 200 Millionen Jahre währendes Überlebenstraining nichts.
Längst sind die meisten Flüsse und Ströme von ihren Auen getrennt und die umliegenden Flächen und Strukturen vom Wassereinfluss gekappt worden. Rohre und Drainagen sorgen für einen schnellen Abfluss. Die engen Land-Wasser-Beziehungen, wie sie einst für diese Räume typisch waren, wurden weitgehend für eine Intensivierung der Landwirtschaft und die zunehmende Urbanisierung zerstört - womit natürlich auch die temporären Lebensräume der Notostracen verschwanden. (z.B. EDER 1999, EDER & HÖDL 1996 und 2002, GRAINGER 1994, HÖDL 1994, HUGHES 1997, MAIER 1998, PETROV 1996, ZIEROLD 2006).
Daher befasst sich die "Inland Water Crustacea Spezialist Group" der Species Survival Commission der IUCN weltweit mit dem Schutz dieser Tiere und empfiehlt zu ihrem Schutz nachdrücklich die Erstellung nationaler "Roter Listen". Einzelne europäische Länder folgten bereits dieser Aufforderung. Besonders engagiert ist dabei der Naturschutz in Österreich, der dort erstmals Flächen - eine 7,5 ha große Senke - zum Schutz von Urzeitkrebsen ausgewiesen hat (EDER 1999, HÖDL & EDER 1996).
Warum also haben wir wohl unser Büro nach diesem Krebs benannt? Ich glaube annehmen zu dürfen, dass sich viele Antworten auf diese Frage in der Beschreibung des Kaulquappenkrebses Triops cancriformis wiederfinden - :-)